Sammelklage: Referentenentwurf zur Änderung des Einkommensteuer-Durchführungsverordnung

Zur geplanten Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung

 

Der neue Rerefentenwurf vom 04.08. schließt zertifizierte Sachverständige der Immobilienbewertung aus!

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen mit Bearbeitungsstand vom 04.08.2025 sieht eine Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung vor. Im Entwurf ist festgelegt, dass das Gutachten ausschliesslich durch einen „öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken zu erbringen ist. Damit sind die zertifizierten Sachverständigen – anders als bei „höherwertigen“ Verkehrswertgutachten zum Nachweis des gemeinen niederen Werts – ausgegrenzt.
 

Entwurf steht im Konflikt zum § 198 BewG.

Der § 198 BewG sieht vor, dass Gutachten von Personen erstellt werden können „die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind“. Damit sie die Rechtslage bereits geklärt – und der Referentenwurf in der jetzigen Fassung angreifbar.
 
 

Vorbereitug einer Sammelklage

Die REZEN Software der Immobilienbewertung wird von mehreren hundert Sachverständigen der Immobilienbewertung genutzt. Im Interesse unserer Nutzer beabsichtigten wir eine Sammelklage anzustoßen, sollte das Gesetz bzw. die Verordnung in dieser Passage abweichend vom § 198 BewG formuliert werden. Aktuell sammeln wir Interessenten für eine Sammelklage. Schliessen Sie sich in Ihrem eigenen Interesse einer Sammelklage an.
Zur Sammelklage

 

Geplante Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung

 

Untersuchung zur Vereinbarkeit eines geplanten Ausschlusses zertifizierter Sachverständiger mit dem BewG und dem EU-Recht

 

 

1. Executive Summary und Einführung: Einordnung des Problems

 

 

1.1. Einleitung und Problemstellung

Die vorliegende Analyse befasst sich mit einem Gesetzentwurf zum Einkommensteuergesetz (EStG), der im Kontext der Immobilienbewertung für steuerliche Zwecke eine bedeutsame Änderung vorsieht. Konkret beinhaltet dieser Entwurf eine Regelung, die Gutachten von „zertifizierten Sachverständigen“ pauschal vom Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ausschließen soll. Diese geplante Neuerung steht in einem direkten Spannungsverhältnis zur bestehenden Rechtslage, insbesondere zu § 198 Bewertungsgesetz (BewG). Der aktuelle § 198 Abs. 2 BewG erkennt Gutachten von nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen ausdrücklich als Nachweis für einen niedrigeren gemeinen Wert an. Der Gesetzentwurf zum EStG, der eine solche Anerkennung verweigert, würde somit einen unaufgelösten Widerspruch innerhalb des deutschen Steuerrechts schaffen. Die zentrale Fragestellung dieser Untersuchung ist daher, inwieweit ein solcher Ausschluss mit der Systematik des nationalen Steuerrechts, insbesondere dem BewG, sowie mit den Grundprinzipien des Unionsrechts, namentlich der Dienstleistungsfreiheit und der Berufsanerkennung, vereinbar ist. Die Analyse beleuchtet die komplexen Wechselwirkungen zwischen nationalen Vorschriften, europarechtlichen Vorgaben und der gerichtlichen Praxis, um eine fundierte Risikobewertung für den Gesetzgeber abzuleiten.

 

1.2. Methodik und Ziel der Untersuchung

Die vorliegende Untersuchung folgt einer dreistufigen analytischen Methodik. Zunächst erfolgt eine detaillierte Typologisierung der im deutschen Rechtsraum agierenden Sachverständigen für Immobilienbewertung, um deren unterschiedliche Qualifikations- und Überwachungsmechanismen zu veranschaulichen. Darauf aufbauend wird der direkte rechtliche Konflikt zwischen dem geplanten EStG-Entwurf und dem etablierten § 198 BewG eingehend analysiert. Schließlich wird eine umfassende Prüfung der unionsrechtlichen Konformität vorgenommen, um die Tragfähigkeit der geplanten Regelung vor dem Hintergrund der europäischen Grundfreiheiten zu bewerten.

Ein wesentliches Ergebnis der Analyse ist die Erkenntnis, dass sich der vorliegende Fall in ein größeres, wiederkehrendes Muster rechtspolitischer Auseinandersetzungen in Deutschland einreiht. So bestehen ähnliche Konflikte auch in anderen Rechtsbereichen, beispielsweise bei der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD). In diesem Kontext wurde bereits gerichtlich die exklusive Prüfungsbefugnis für eine bestimmte Berufsgruppe als europarechtswidrig bewertet, da sie andere, ebenfalls hochqualifizierte und nach EU-Verordnung akkreditierte Prüfdienstleister ausschloss. Dieser Parallelfall verdeutlicht, dass die Debatte um die Anerkennung zertifizierter Sachverständiger kein Einzelfall ist, sondern ein Symptom einer systemischen Spannung zwischen traditionellen, oft kammergebundenen Berufsbildern und neuen, EU-konformen Qualitätsstandards. Die Untersuchung hat das Ziel, diese Zusammenhänge aufzuzeigen und die rechtlichen und praktischen Risiken eines unreflektierten Ausschlusses fundiert darzulegen.


 

2. Der Sachverständige für Immobilienbewertung: Eine Typologie der Qualifikationen

Zur qualifizierten Wertermittlung von Immobilien existieren in Deutschland unterschiedliche Sachverständigen- und Gutachtersysteme, die jeweils auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen beruhen. Eine differenzierte Betrachtung dieser Systeme ist essenziell, um die Implikationen des Gesetzentwurfs umfassend bewerten zu können.

 

2.1. Gutachterausschüsse für Grundstückswerte

Gutachterausschüsse sind selbstständige, unabhängige Kollegialorgane, die auf Grundlage der §§ 192 ff. des Baugesetzbuches (BauGB) gebildet werden. Sie bestehen aus einem Vorsitzenden und ehrenamtlichen Gutachtern, die über besondere Sachkunde und Erfahrung in der Wertermittlung von Grundstücken verfügen. Ihre wesentliche Aufgabe ist die Führung der Kaufpreissammlung sowie die Ableitung und Veröffentlichung von Bodenrichtwerten, Liegenschaftszinssätzen und Sachwertfaktoren. Diese Daten sind nicht nur für die allgemeine Markttransparenz von Bedeutung, sondern spielen auch eine zentrale Rolle bei der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz. Aufgrund ihrer Weisungsfreiheit und amtlichen Funktion gelten Gutachten der Gutachterausschüsse in der Rechtsprechung als besonders qualifiziert und vertrauenswürdig.

 

2.2. Öffentlich bestellte und vereidigte (öbuv) Sachverständige

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige sind ein traditionsreiches Instrument zur Sicherung der Qualität in der Gutachtenerstellung. Ihre rechtliche Grundlage findet sich in § 36 der Gewerbeordnung (GewO). Die Bestellung und Vereidigung erfolgen durch eine öffentliche Körperschaft, wie beispielsweise eine Industrie- und Handelskammer (IHK), die im Rahmen eines aufwendigen Verfahrens die „besondere Sachkunde“, persönliche Eignung, Zuverlässigkeit und Unparteilichkeit des Sachverständigen überprüft. Die Bestellung ist befristet und die Sachverständigen unterliegen einer kontinuierlichen Aufsicht durch die bestellende Stelle. Gemäß § 404 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sollen Gerichte Sachverständige mit öffentlicher Bestellung bevorzugt beauftragen, was ihren hohen Stellenwert in der Rechtspraxis unterstreicht.

 

2.3. Nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierte Sachverständige

Die Zertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 ist ein personenzertifizierendes Verfahren, das auf einer international anerkannten Norm beruht. Die Akkreditierung der Zertifizierungsstellen, die diese Zertifikate ausstellen, erfolgt hoheitlich durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) auf Grundlage der europäischen Verordnung (EG) 765/2008. Diese hoheitliche Akkreditierung stellt die Einhaltung höchster Qualitätsstandards sicher. Sachverständige, die eine solche Zertifizierung erlangen, müssen nicht nur eine strenge Prüfung ihrer Fachkompetenz bestehen, sondern auch eine regelmäßige Überwachung ihrer Arbeit (z.B. durch Arbeitsproben) und eine Rezertifizierung alle fünf Jahre durchlaufen. Gemäß der aktuellen Fassung von § 198 Abs. 2 BewG sind Gutachten von nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen ausdrücklich als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts anerkannt.


 

2.4. Gegenüberstellung der Sachverständigen-Typen

Die folgende Tabelle veranschaulicht die wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der diskutierten Sachverständigen-Typen:

Kriterium Gutachterausschüsse Öffentlich bestellte und vereidigte (öbuv) Nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierte
Rechtsgrundlage §§ 192 ff. BauGB § 36 GewO, SVO der Kammern DIN EN ISO/IEC 17024 Norm
Bestellungs-/Zertifizierungsstelle Gemeinde / Kommune Kammern (IHK, etc.) Privatrechtliche Zertifizierungsstelle (DAkkS-akkreditiert)
Qualifikationsprüfung Auswahl basierend auf Sachkunde Aufwendiges Antragsverfahren Strenge Prüfung nach Norm
Überwachung Ehrenamtliche Tätigkeit, weisungsfrei Laufende Aufsicht durch Kammer Permanente Überwachung, Rezertifizierung alle 5 Jahre
Gültigkeit Befristet, kann entzogen werden Befristet, Rezertifizierung
Rechtliche Akzeptanz Sehr hoch, amtlich Sehr hoch, gesetzliche Präferenz in der ZPO Gesetzlich anerkannt in § 198 BewG

Die Gegenüberstellung zeigt, dass alle drei Sachverständigen-Typen strengen Qualitätskontrollen unterliegen. Im Gegensatz zu der im Gesetzentwurf implizierten Annahme, dass DIN-zertifizierte Sachverständige unreguliert wären, basiert ihre Anerkennung auf einem staatlich überwachten Prozess, der eine Akkreditierung durch die DAkkS nach europäischem Recht voraussetzt.


 

3. Analyse der nationalen Rechtslage: Der Widerspruch zum Bewertungsgesetz

 

3.1. Der Status quo: bewusste Inklusion zertifizierter Sachverständiger in § 198 BewG

Die bewusste Inklusion zertifizierter Sachverständiger in das Bewertungsgesetz ist das Ergebnis einer gezielten Gesetzesänderung, die mit der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) in Kraft trat. Mit dieser Änderung wurde § 198 BewG explizit um die Anerkennung von Gutachten nach DIN EN ISO/IEC 17024 erweitert. Der Gesetzgeber verfolgte mit dieser Regelung das Ziel, Gutachten von DIN-zertifizierten Sachverständigen gesetzlich als geeignet zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts anzuerkennen und somit die „hohe Reputation“ dieser Experten zu festigen.

Der Hintergrund dieser Anpassung war die Notwendigkeit, das steuerliche Bewertungsrecht an die aktuellen Marktverhältnisse und die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) anzupassen. Insbesondere im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer wurde das Finanzamt oftmals als zu hoch empfundene Werte für Immobilien an. Die Gesetzesänderung sollte Steuerpflichtigen ein effektives und rechtssicheres Mittel an die Hand geben, diese pauschalen Wertansätze durch ein qualifiziertes Gutachten zu widerlegen und somit eine höhere Rechtssicherheit zu gewährleisten.

 

3.2. Inkonsistenz und rechtliche Rückschritte des Gesetzentwurfs

Ein neuer Gesetzentwurf zum EStG, der die Anerkennung von Gutachten zertifizierter Sachverständiger wieder ausschließt, würde die erst 2021/2022 etablierte Gesetzessystematik unterlaufen und konterkarieren. Dies würde einen direkten, unaufgelösten Widerspruch zwischen zwei zentralen Steuergesetzen (EStG und BewG) innerhalb desselben Rechtsgebiets schaffen. Solch eine Inkohärenz verstößt nicht nur gegen die Grundsätze der Gesetzessystematik, sondern untergräbt auch das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsklarheit und den Schutz des Vertrauens der Bürger in die Beständigkeit der Gesetzgebung. Die geplante Regelung würde Steuerpflichtige, die sich auf die bewusste legislative Entscheidung zur Anerkennung DIN-zertifizierter Gutachten verlassen haben, benachteiligen und die Rechtslage in einen Zustand der Unsicherheit zurückführen, der gerade durch die jüngste BewG-Reform behoben werden sollte.


 

4. Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht: Eine Prüfung der Dienstleistungsfreiheit

Der geplante Ausschluss zertifizierter Sachverständiger ist auch aus europarechtlicher Perspektive als äußerst problematisch anzusehen.

 

4.1. Anwendbarkeit des Unionsrechts

Die Europäische Union hat die Anerkennung von Berufsqualifikationen und die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) als Kernprinzipien verankert. Deutschland ist durch die Richtlinie 2005/36/EG zur Anerkennung von Berufsqualifikationen an diese Vorgaben gebunden und zur Umsetzung verpflichtet. Da der Ausschluss von zertifizierten Sachverständigen den freien Zugang zu einem nationalen Marktsegment verwehrt, insbesondere auch für ausländische Dienstleister, die auf dieser international anerkannten Norm basieren, stellt dies eine unmittelbare Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

 

4.2. Die Prüfung der Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit

Eine Beschränkung der Grundfreiheiten kann nur durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, wie beispielsweise den Verbraucherschutz oder die Qualitätssicherung, gerechtfertigt werden. Eine solche Maßnahme muss zudem verhältnismäßig sein. Das bedeutet, sie muss geeignet und erforderlich sein, das Schutzziel zu erreichen, und es darf kein milderes, gleich wirksames Mittel zur Verfügung stehen.

Im vorliegenden Fall lässt sich eine fehlende Qualität der DIN EN ISO/IEC 17024-zertifizierten Sachverständigen kaum als Rechtfertigung anführen. Das Zertifizierungssystem nach DIN EN ISO/IEC 17024 ist ein anspruchsvolles Verfahren, das strengen Qualitätsanforderungen unterliegt und dessen Überwachung über eine hoheitlich akkreditierte Stelle (DAkkS) nach EU-Verordnung 765/2008/EG erfolgt. Diese Akkreditierung stellt die Kompetenz und Integrität der Sachverständigen sicher und ist im Sinne des Europarechts als gleichwertig anzusehen. Ein Ausschluss dieser Gruppe würde daher eine unverhältnismäßige und diskriminierende Maßnahme darstellen, die eine gleichwertige Qualifikation ohne sachlichen Grund ignoriert.

Diese Einschätzung wird durch ein externes Rechtsgutachten zur nationalen Umsetzung der CSRD-Richtlinie gestützt. In diesem Fall wurde argumentiert, dass der Ausschluss unabhängiger, nach EU-Verordnung akkreditierter Prüforganisationen zugunsten von Wirtschaftsprüfern eine europarechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung darstellt. Der Gutachter betonte, dass die Qualifikationsanforderungen an die ausgeschlossenen Prüfer gleichwertig sind und kein sachlicher Grund für deren Exklusion besteht. Dieser Fall ist ein direktes juristisches Pendant zur aktuellen Problematik und verdeutlicht das hohe Risiko, dass auch der geplante Ausschluss zertifizierter Sachverständiger als Verstoß gegen europäisches Primärrecht gewertet würde.


 

5. Die rechtliche Bewertung der Gleichwertigkeit in der Gerichtspraxis

Die Gleichwertigkeit von öbuv Sachverständigen und nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen ist in der Rechtsprechung bereits anerkannt und gefestigt worden.

 

5.1. Grundsätzliche Akzeptanz zertifizierter Sachverständiger

Eine wegweisende Entscheidung in diesem Zusammenhang ist das Urteil des Landgerichts Hechingen (Az. 1 OH 19/15) vom 19. Juli 2017. Das Gericht hatte die Frage zu klären, ob es einen nicht öffentlich bestellten, aber nach DIN ISO 17024 zertifizierten Sachverständigen ablehnen konnte. Es stellte dabei explizit fest, dass die Zertifizierung nach DIN ISO 17024 als Nachweis der Sachkunde der öffentlichen Bestellung in nichts nachsteht. Die fehlende öffentliche Bestellung begründet demnach keine Vermutung einer mangelnden Fachkompetenz.

Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung, dass die in § 404 Abs. 2 ZPO enthaltene Präferenz für öffentlich bestellte Sachverständige lediglich eine Ordnungsvorschrift darstellt, die keine zwingende Beauftragung oder Exklusivität begründet. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart unter Verweis auf die ZPO als unzulässig verworfen, da die Bestimmung des Sachverständigen eine nicht anfechtbare richterliche Entscheidung ist.

Die gerichtliche Praxis hat somit schon vor der Gesetzesänderung im BewG die Gleichwertigkeit der beiden Qualifikationswege festgestellt. Die bewusste Inklusion in § 198 BewG im Jahr 2021 war eine direkte Folge dieser fortschrittlichen rechtlichen Interpretation und hat die Gleichstellung gesetzlich festgeschrieben. Ein neuer EStG-Entwurf, der dem widerspricht, würde einen klaren Rückschritt darstellen, der die Rechtsprechung und die jüngste Gesetzgebung ignoriert und eine vermeidbare Rechtsunsicherheit schafft.


 

6. Fazit und Empfehlungen: Bewertung des Gesetzentwurfs und Risiken

 

6.1. Gesamtwertung der Unvereinbarkeit

Die Analyse des geplanten Gesetzentwurfs, der eine pauschale Exklusion von Gutachten zertifizierter Sachverständiger vorsieht, legt eine eindeutige Unvereinbarkeit auf mehreren Ebenen nahe.

  • Unvereinbarkeit mit dem nationalen Steuerrecht: Der Entwurf steht im direkten und unaufgelösten Widerspruch zu § 198 BewG, der erst kürzlich durch eine bewusste legislative Entscheidung um die Anerkennung von Gutachten nach DIN EN ISO/IEC 17024 erweitert wurde. Die geplante Regelung würde die Gesetzeskohärenz und die Rechtsklarheit innerhalb des deutschen Steuerrechts erheblich gefährden.

  • Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht: Die Maßnahme stellt eine unverhältnismäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) dar. Da die DIN EN ISO/IEC 17024-Zertifizierung nach EU-Recht über die DAkkS hoheitlich akkreditiert und überwacht wird, gibt es keinen sachlichen Grund, die damit verbundene Qualität anzuzweifeln oder diese Berufsgruppe zu diskriminieren.

 

6.2. Risikobewertung

Die Verabschiedung eines solchen Gesetzentwurfs birgt erhebliche rechtliche Risiken. Im Falle seiner Inkraftsetzung wäre die Regelung einer hohen Anfechtungsgefahr ausgesetzt. Es ist zu erwarten, dass betroffene Sachverständige und Steuerpflichtige Klagen vor den deutschen Finanzgerichten einreichen würden. Die bereits vorliegende Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des Landgerichts Hechingen, würde eine Klage auf Anerkennung der Gleichwertigkeit und damit auf eine Unwirksamkeit der Ausschlussklausel stützen. Zudem besteht ein hohes Risiko einer vertragsverletzungsrechtlichen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, da der Ausschluss eine sachgrundlose Diskriminierung und eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt.

Darüber hinaus hätte der Entwurf weitreichende praktische Konsequenzen. Er würde die Rechtsunsicherheit für Steuerpflichtige erhöhen, die sich auf einen DIN-zertifizierten Sachverständigen verlassen haben. Er würde den Wettbewerb auf dem Markt für Immobilienbewertung verzerren und könnte zu Kapazitätsengpässen führen.

 

6.3. Empfehlungen

Der Gesetzgeber wird dringend aufgefordert, den Gesetzentwurf zu überarbeiten. Anstatt eine Ausschlussklausel zu verankern, sollte die Regelung zwingend mit der etablierten Norm des § 198 BewG harmonisiert werden. Eine Übernahme des Wortlauts aus dem BewG, der die Gutachten von zertifizierten Sachverständigen explizit einschließt, würde die festgestellten rechtlichen Unvereinbarkeiten beseitigen, die Rechtssicherheit gewährleisten und einen fairen, qualitätsorientierten Wettbewerb auf dem Sachverständigenmarkt sicherstellen. Nur so kann vermieden werden, dass ein gesetzgeberischer Rückschritt zu vermeidbaren Rechtsstreitigkeiten und einer unnötigen Belastung von Bürgern, Sachverständigen und Gerichten führt.

Unverbindliche Registrierung für die Sammelklage

Vorbereitung einer Sammelklage

Die REZEN Software der Immobilienbewertung wird von mehreren hundert Sachverständigen der Immobilienbewertung genutzt. Im Interesse unserer Nutzer beabsichtigten wir eine Sammelklage anzustoßen, sollte das Gesetz bzw. die Verordnung in dieser Passage abweichend vom § 198 BewG formuliert werden. Aktuell sammeln wir Interessenten für eine Sammelklage. Schliessen Sie sich in Ihrem eigenen Interesse einer Sammelklage an.

Hier unverbindlich anmelden

Harald Huber – Entwickler. Sachverständiger. Dozent.

Ich bin Entwickler der REZEN Software für Immobilienbewertung und zudem zertifizierter Sachverständiger (DIN EN ISO/IEC 17024). Die Entwicklung von REZEN erforderte eine intensive Auseinandersetzung mit allen relevanten Richtlinien und Gesetzen, was meine Expertise in der Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken fundamental untermauert hat.

Mein Schwerpunkt liegt in der Erstellung von Verkehrswertgutachten nach § 194 BauGB, in aller Regel zum Nachweis des gemeinen niederen Werts (§ 198 BewG). Tätig bin ich vor allem im kritischen Münchner Markt und habe hier bereits hunderte Gutachten über einen Verkehrswert von mehreren Milliarden Euro verfasst.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am Allgemein. Setze ein Lesezeichen auf den permalink.